Mehr Demokratie / EU-Politik
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12 Kritikpunkte am EU-Reformvertrag
Hier finden Sie 12 Kritikpunkte als Zusammenfassung.
Bitte an FreundeInnen und Bekannte weiterleiten, denn die Medien
klammern viele Aspekte des „EU-Reformvertrags“ (Vertrag von Lissabon) aus der
Berichterstattung völlig aus. Am 10. und 11 Februar findet vor dem
Bundesverfassungsgericht die Verhandlung über die Klagen der
Ökologisch-Demokratischen Partei ödp und der Linkspartei sowie über zwei
Einzelklagen (Gauweiler und Spethmann, Graf von Stauffenberg, Starbatty, Kerber) statt.
Wir sind überzeugte EuropäerInnen. Gerade deshalb müssen wir den Lissabon – Vertrag ablehnen, denn er will
wesentliche Teile der Demokratie und der Sozialpolitik aufgeben und uns in militärische Aktionen verwickeln:
12 Kritikpunkte am Vertrag von Lissabon
- Der Vertrag von Lissabon wirkt wie
eine Verfassung für Europa. Trotzdem wird darüber nicht vom Volk abgestimmt,
wie es für eine Verfassung nötig wäre. Übrigens: Eine lesbare („konsolidierte“)
Form des Vertrags stand in ganz Europa nicht zur Verfügung, als der Bundestag
und der Bundesrat darüber abstimmten.1)
- Der Vertrag sieht keine Gewaltenteilung
vor, obwohl sie das Fundament jeder Demokratie ist. Denn die EU-Kommission hat
das alleinige Recht, Gesetze und Verordnungen zu formulieren. Sie ist außerdem
das Ausführende Organ ("Regierung") und die erste Instanz in wichtigen Bereichen der Rechtsprechung.
Sie wird nicht gewählt, sondern zwischen den Regierungen und den Wirtschaftsverbänden ausgehandelt.
Anschließend muss sie vom EU-Parlament bestätigt werden. Dieses hat jedoch kein
Recht, selbst Kommissare vorzuschlagen. Da die Kommission nur Verwaltungsfachleute
beschäftigt, ist sie in allen Fachbereichen auf die Zuarbeit von Lobbygruppen angewiesen.
- Das EU-Parlament kann bei der Außen-
und Verteidigungspolitik, der Atompolitik und bei grundsätzlichen Fragen der
Wirtschaft nicht mitbestimmen. In keinem Bereich darf es Entwürfe für
Richtlinien und Verordnungen einbringen. Es darf lediglich zusammen mit dem
(Minister-) Rat über die Entwürfe abstimmen.
- EU – Richtlinien und Verordnungen stehen über dem deutschen Grundgesetz.
- Heute sind etwa 80% aller neuen deutschen Gesetze lediglich die Umsetzung von EU-Vorgaben in nationales Recht.
Diese Vorgaben erstrecken sich praktisch auf alle Bereiche des täglichen Lebens.
- Zur "Konfliktverhütung" und "Krisenbewältigung" erlaubt der Vertrag von Lissabon
sogar Angriffskriege. Auch zur „Wahrung der Werte der Union und im Dienste ihrer Interessen“, z.B. zur
Sicherung von Ölquellen, kann eine militärische "Mission" durchgeführt werden.
Der EU-Ministerrat entscheidet hinter verschlossenen Türen über Kriegseinsätze und militärische Aufrüstung.
Kein Parlament, weder das der EU, noch der Bundestag, können diese Entscheidungen ändern.
- Bei solchen Einsätzen soll die militärische und politische Leitung (auch für die Bundeswehr!) künftig ein
Komitee der EU übernehmen, das nicht demokratisch gewählt ist. Das EU-Parlament
muss über Kampfeinsätze nur sporadisch unterrichtet werden, der Bundestag überhaupt nicht.
- Die Außen- und Sicherheitspolitik kann von keinem Gericht überprüft werden.
- Der "Hohe Vertreter für Außen- und Sicherheitspolitik" ist für beide Bereiche zuständig.
Damit werden Militärinterventionen in aller Welt zum Mittel der Außenpolitik.
- Tötungen zur "rechtmäßigen" Niederschlagung eines Aufruhrs sind erlaubt. Damit werden
Aktionen wie das brutale Eingreifen der chinesischen Regierung am Platz des Himmlischen Friedens
und in Tibet auch in Europa möglich. Nach dem Vertrag von Lissabon hätten die
friedlichen Demonstrationen von 1989 in einem Blutbad geendet.
Im Krieg und bei unmittelbarer Kriegsgefahr ist die Todesstrafe prinzipiell wieder möglich.
- Maßnahmen zur Verbesserung der
Arbeitsbedingungen und der sozialen Sicherheit können nur durchgeführt werden,
wenn sie die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft nicht beeinträchtigen.
- Bei den Wahlen zum EU-Parlament zählt eine Stimme in Luxemburg 11 Mal so viel wie eine Stimme in Deutschland.
1) Fundstellen:
EUV = "Vertrag über die Europäische Union" in der Fassung des Vertrags von Lissabon
AEUV = "Vertrag über die Arbeitsweise der
Europäischen Union" in der Fassung des Vertrags von Lissabon
EMRK = Europäische Menschenrechtskonvention
Zu 1: Jens-Peter Bonde, Vorsitzender der
ED-Fraktion im EU-Parlament (Übersetzung zitiert nach G. Wisnewski: 2009 Das
kritische Jahrbuch, Knaur Taschenbuch, 2009, S. 94): "Im Rat haben sie beschlossen,
dass es keiner einzigen Institution in der EU erlaubt ist, eine konsolidierte
Fassung zu drucken, die man überhaupt lesen kann, bevor der Vertrag von allen
27 Mitglieds-Staaten verabschiedet wurde."
Zu 2.: Art. 13 – 19 EUV und Art. 223 – 250 AEUV
Zu 3.: Art. 22, Art. 24 Abs. 1 und Art. 26 – 45 EUV,
Euratomvertrag, Art. 26 Abs. 3 AEUV, Art. 17 Abs. 2 und Art. 14 Abs. 1 EUV
Zu 4.: Erklärungen zu Bestimmungen der Verträge: Nr.17 "Erklärung zum Vorrang"
Zu 6.: Art. 42 Abs.1, Art. 43 Abs. 1 und
Art. 42 Abs. 5 EUV. Die "Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik ist in dem
Dokument" Ein sicheres Europa in einer besseren Welt. Europäische Sicherheitsstrategie,
Brüssel, 12. Dezember 2003“ beschrieben. Siehe hierzu auch das European Defence Paper
des Pariser Instituts für Strategische Studien. Hierbei handelt es sich zwar
nicht um ein verpflichtendes Dokument. Dort wird aber explizit ein Krieg für
die Eroberung von Ölquellen geplant. Der Einsatz von Nuklearwaffen wird
explizit erwähnt. Vgl. auch oben die Fundstellen zu Nr. 3.
Zu 7.: Hier wird zwischen "Leitung" und
"Verantwortung" unterschieden. Letztere liegt bei (Minister-) Rat und beim
Hohen Vertreter. Siehe Art. 38 Abs. 2 und Art. 36 EUV
Zu 8.: Art 24 Abs. 1 Unterabsatz 2 EUV
Zu 9.: Art. 22 Abs. 2 EUV. Siehe auch Art. 24 ff EUV.
Zu 10.: Art. 2 Abs. 2c EMRK, der hier nach
Art. 6 Abs. 3 EUV i.V.m. Art. 52 Abs. 3 der "Charta der Grundrechte der
Europäischen Union" anzuwenden ist, da der Oberbefehl für derartige Einsätze
bei der EU liegt (siehe oben Nr. 7) und diese der UN-Menschenrechtskonvention
nicht beigetreten ist. Zur Todesstrafe siehe Protokoll Nr.6 zur EMRK. Das
Protokoll Nr. 13, das die Todesstrafe gänzlich abschafft, gilt für die EU
nicht; vgl. hierzu Erläuterung 3b zu Art. 2 der "Erklärung 12 betreffend die
Erläuterungen zur Charta der Grundrechte" (Erklärung zum Verfassungsvertrag),
die den Standpunkt des Konvents wiedergibt.
Zu 11.: Art. 151 Abs 2 AEUV
Zu 12.: Bisher Art. 190 Abs. 2 des EG-Vertrags: Luxemburg:
457 000 Einwohner, 6 Abgeordnete; Deutschland: 82 469 000 Einwohner, 99 Abgeordnete. Jetzt nach Art
14 durch das EU-Parlament und den Europäischen Rat noch verschärft. Siehe auch
Protokoll Nr. 36 "Über die Übergangsbestimmungen" zum Vertrag von Lissabon.
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